Die Jungen sollen nicht für die Sünden der Alten büßen

Für Wolfgang Sietzy ist Politik eine Frage der Generationengerechtigkeit. Schuldenabbau ist sein Steckenpferd. „Warum sollen die Jungen für unsere Sünden büßen? Das finde ich nicht fair. Wer die Schulden macht, soll sie auch bezahlen“, findet der Grüne aus Bad Soden.

Seit neun Jahren ist Sietzy bereits ehrenamtlicher Abgeordneter im Kreistag des Main-Taunus-Kreises. Er ist Mitglied im Haupt- und Finanzausschuss, sowie im Ausschuss für Eigenbetriebe und wirtschaftliche Beteiligungen. In dieser Funktion sitzt er außerdem in verschiedenen Aufsichtsgremien der Taunus-Sparkasse. Wolfgang Sietzy wirkt an der richtigen Stelle, denn als Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Anwalt im weitgehenden Ruhestand kennt er sich bestens aus mit Zahlen und Paragrafen.

Doch der Diplombetriebswirt war nicht immer Grüner. Schon mit 14 Jahren ist er bei der Jungen Union in Bad Soden eingetreten und wurde bald deren Pressesprecher im Kreisvorstand sowie Mitglied im Ortsvorstand der Sodener Christdemokraten. „Nach der Korruptionsaffäre um den CDU-Bürgermeister Hodann haben wir Jungen dann Krawall gemacht“, erklärt Sietzy mit einem nostalgischen Lächeln. „Wir wollten in der Sodener CDU mal richtig aufräumen.“ Deshalb kandidierte er zusammen mit ein paar anderen jungen Rebellen für das Stadtparlament und wurde prompt gewählt. „Nach acht Jahren habe ich dann die Lust verloren und mich aus der Politik zurückgezogen“, schließt Sietzy seine Erinnerungen an die Jugendzeit ab.

Zu den Grünen kam er schließlich über das Thema Atomenergie. Für ihn war schnell klar, dass diese Technologie zu riskant ist. Das radioaktive Material würde in den Endlagern noch viele zukünftige Generationen belasten. „Zunächst habe ich nur Grün gewählt, aber als mich Harald Fischer dann bei seinem ersten Bürgermeisterwahlkampf im Jahr 2010 ansprach, wurde ich aktives Mitglied bei den Sodener Grünen.“ Diesen Schritt hat der gebürtige Frankfurter, der schon seit 1960 in Bad Soden lebt, nie bereut. Denn bei den Grünen habe er viele nette und engagierte Leute kennengelernt und seine zweite politische Heimat gefunden. Auf die Frage der ehemaligen CDU-Kollegen, warum er ausgerechnet zu den Grünen gewechselt sei, antwortet Sietzy mit Humor: „Es ist ja niemandem verboten, mit zunehmendem Alter klüger zu werden.“

In der Tat seien die Grünen eine sehr vernünftige und verantwortungsvolle Partei geworden, urteilt Wolfgang Sietzy mit Blick auf die schwarz-grüne Landesregierung. Die chaotischen Zeiten der Gründungsjahre seien zum Glück vorbei. Damals habe es zu viele Leute gegeben, die jegliche Form von Autorität suspekt fanden. Sietzy tickt da ganz anders. „Ich finde einen starken Staat gut. Der Staat muss seine Bürger beschützen können.“

Auf die Frage, was er von der aktuellen Politik in seiner Heimatstadt halte, schmunzelt der grüne Sodener. „Ich halte mich da eigentlich heraus und konzentriere mich ganz auf mein Mandat im Kreistag.“ Wolfgang Sietzy will auch nächstes Jahr wieder kandidieren und seine Mission „Schuldenabbau“ weiter verfolgen. „Der Main-Taunus-Kreis steht mit 500 Millionen in der Kreide. Ich möchte, dass wir diese Summe jedes Jahr um 10 Millionen verringern“. Seine Position dazu ist ganz klar: „Solange wir alten Säcke noch leben, sollten wir unsere Schulden auch selbst bezahlen und sie nicht der nächsten Generation aufbürden.“ Die Grünen, so Sietzy weiter, haben als Koalitionspartner in der Landkreisregierung viele gute Dinge auf den Weg gebracht, nur leider sähen die wenigsten Wähler diese Erfolge. Das sei eine Aufgabe für den anstehenden Wahlkampf.

Und dann kommt der grüne Kreisabgeordnete doch noch auf seine Heimatstadt zu sprechen. Bad Soden habe sich ja über die Jahre leider hoch verschuldet und ein Ende sei nicht in Sicht. Das neue Feuerwehrgebäude zum Beispiel sei aus seiner Sicht völlig überdimensioniert geplant. „Das wird richtig teuer für die Stadt, aber gegen die Feuerwehr traut sich keiner was zu sagen“, erklärt er das Verhalten der schwarz-roten Stadtregierung.

Auch der Bürgermeister lege sich ja ungern mit seinem Wahlvolk an, was man unter anderem an der Verkehrsregelung in Bad Soden sehe. „Ich wohne im Hundertwasserhaus und genieße die lebendige Innenstadt, mit all den Läden, Restaurants und Cafés. Und ich finde es toll, dass dort eine verkehrsberuhigte Zone ist“, beginnt Sietzy seinem Unmut Luft zu machen. „Aber viele Leute halten sich nicht an die Regeln, fahren zu schnell oder parken ihre Autos, wo sie wollen. Denn es gibt kaum Verkehrskontrollen.“ Würde die Stadt mehr kontrollieren, würden sich die Leute zunächst zwar aufregen, meint Sietzy, aber sobald sie das Ergebnis sehen, fänden es dann die meisten doch gut. „Man muss sich halt auch mal trauen, den Leuten auf die Zehen zu steigen“, meint Sietzy und schließt den Kreis zu seinem Lieblingsthema. Das sei bei der Verkehrsberuhigung genauso wie beim Schuldenabbau.

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