Politik mit Durchblick und Weitblick

Auf die Frage, warum er Mitglied bei den Grünen sei, stellt Rüdiger Brause einer Gegenfrage: „Wann wurde das Buch Die Grenzen des Wachstums vom Club of Rome veröffentlicht?“ Das war bereits 1972 und die Grünen seien die einzige Partei, die eben diese Grenzen seit ihrer Gründung ernst nehmen, erklärt der Vorstandssprecher der Bad Sodener Grünen. Als promovierter Physiker und leidenschaftlicher Informatiker will Rüdiger Brause Probleme wissenschaftlich und nachhaltig lösen. Es gehe ihm um mehr Sachlichkeit in der Politik. Deshalb engagiere er sich seit über 17 Jahren bei den Bündnisgrünen in Bad Soden. Er war Kreisschatzmeister, Stadtverordneter, Vorsitzender des Bauausschusses und Mitglied des Magistrats. Jetzt will der zweifache Vater den Weg für die Jungen in der Partei ebenen.

„Wenn wir jetzt nichts gegen Klimawandel und Umweltzerstörung tun, geht die Welt, so wie wir sie kennen, kaputt!“ sinniert der pensionierte Informatikprofessor. Man müsse die Weichen rechtzeitig stellen, sonst sei es zu spät. Ein Politikwechsel sei auch in Bad Soden notwendig: „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ Ein Weiter-So sei gar nicht möglich, erläutert Brause. Politiker brauchen Durchblick und Weitblick, sie müssen Themen objektiv analysieren und zukunftsfähige Entscheidungen treffen können. Das gelte in der großen Politik genauso wie in der kommunalen, meint Brause mit einem kleinen Seitenhieb auf die Sodener Stadtregierung, die seiner Meinung nach meist nur das Alte bewahren will. So sei es kein Wunder, dass die Stadt mittlerweile hoch verschuldet sei und trotzdem keine tragfähigen Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft habe. Es brauche neue Ideen und sinnvolle Investitionen in Bad Soden, insbesondere für den Klimaschutz. Aber auch schnelles Internet und Modernisierung sei wichtig für die Stadt, um zukunftsfähiges Gewerbe ansiedeln zu können, Einnahmen für die Stadt zu generieren und allen schnelle Kommunikation zu ermöglichen. Gerade in Corona-Zeiten hat sich dies als überfällig erwiesen. Dafür will sich Rüdiger Brause im anstehenden Wahlkampf zu den Kommunalwahlen 2021 einsetzen.

„Durchblick bedeutet für mich aber auch Transparenz, damit die Bürger:innen wissen, was in der Stadtverwaltung läuft“, führt der überzeugte Basisdemokrat weiter aus. Denn nur wer informiert ist, kann sich auch einbringen. Deshalb müsse Bad Soden bei der Initiative „Open Data“ des Main-Taunus-Kreises mitmachen. Transparenz verhindert Misswirtschaft, Korruption und Fehlinvestitionen, ist sich Brause sicher und weist auf die Erfahrungen mit dem früheren Bürgermeister Hodann und anderen Korruptionsfällen in Oberursel und Frankfurt hin.

Der gebürtige Berliner lebt seit 1985 in Neuenhain. „Wir sind damals aus Frankfurt hierher gezogen, weil unser Sohn Asthma hatte und Bad Soden für seine gute Luft bekannt war“, erinnert sich Rüdiger Brause. Seine Frau, eine Französin, hat er während des Studiums im Saarland kennengelernt. Danach zog es ihn an die Frankfurter Uni, wo er bis zu seiner Pensionierung als Professor für Informatik tätig war. Nicht nur wegen seines Lebenslaufs ist Brause ein überzeugter Europäer. Gerade als Wissenschaftler mache nur ein geeintes Europa für ihn Sinn. Wirtschaft und Umwelt kennen keine nationalen Grenzen; alle Länder Europas hängen auf Gedeih und Verderb zusammen.

Für Rüdiger Brause gibt es aber auch in den kommunalpolitischen Niederungen noch genug Themen, für die es sich lohne, Politik zu machen. Aktuell beschäftigt er sich mit sozial-ökologischem Bauen und ist überzeugt, dass die Stadt Grundstücke kaufen sollte, um sie dann an Privatleute oder Investoren mittels  Erbbaurecht zur Verfügung zu stellen. Nur so könne man die Flächen für die zukünftige Generationen bewahren und sinnvolle Bauauflagen machen – zum Beispiel den Passivhausstandard, und sozialen Wohnungsbau durchsetzen. Und die Stadt hätte dann regelmäßige Einnahmen aus dem Erbbauzins, die zum Zinszahlen und Abzahlen der Schulden reichen würden, und gleichzeitig wertvollen Besitz, dessen Wert mit der Zeit sogar noch zunimmt.

Gerade das aktuelle Beispiel der geplanten Bebauung des Sinai-Gebietes in Bad Soden zeige ja, wie wichtig es sei, neue Ideen ins Spiel zu bringen. Dabei wollen auch die Sodener Grünen  der wachsenden Wohnungsnot nicht tatenlos zusehen. Anstatt sich wie bisher der Bebauung aus Umweltgründen völlig zu verweigern, habe man sich jetzt der sozialen Verantwortung für bezahlbare Wohnungen gestellt und verschiedene Anträge gestellt, um eine sozial-ökologische Bebauung zu ermöglichen. So könne man der Wohnraumnot begegnen, Einnahmen für die hoch verschuldete Stadt generieren und trotzdem etwas für den Klimaschutz tun. „Natürlich gibt es da auch Widerstand in Bad Soden. Aber man kann es in der Politik nicht jedem recht machen“, gibt der grüne Vorstandssprecher zu bedenken.

Kommunalpolitik sei wie Waten im zähen Schlamm, meint Brause und nippt nachdenklich an seinem Tee. Man komme immer nur langsam und auf Umwegen voran, weil es eben viele verschiedene Positionen gebe und Manchen gute Ideen erst nach Jahren einleuchten. „Wie Churchill schon sagte: Demokratie ist die schlechteste Regierungsform, abgesehen von allen anderen“, witzelt der grüne Professor. Erschwerend komme hinzu, dass Politiker gerne Geld für kurzfristige Effekte ausgeben, selbst wenn es Schulden sind. Nur wenige stellten sich der langfristigen Verantwortung; die nächste Wahl stehe ja immer schon vor der Tür und man möchte heute glänzen, nicht erst morgen.

Und doch ist Rüdiger Brause zuversichtlich: „Immer mehr junge Leute erkennen die Grenzen des Wachstums und wollen entsprechende politische Veränderungen. Das gibt mir Hoffnung.“

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